Donnerstag, 9. Januar 2014

Gehen Hannovers Bäder baden?

Einladung zur Diskussion im Fössebad
Mittwoch 15. Januar 2014 um 19 Uhr

Schwimmhalle Fössebad
Das Fössebad: Ein Brennglas für die Probleme der Bäder in Hannover. 

Die Bürgerinnen und Bürger in Hannover stehen vor der Wahl: Was soll mit ihren Bäder passieren? Welche Schwimmangebote wollen wir in Zukunft nutzen? Die Diskussion am 15.01.14 um 19 Uhr im Fössebad ist ein Versuch, die Perspektiven auszuloten. Der nachfolgende Text ist die etwas ausführlichere Fassung eines Beitrags im Lindenspiegel dieser Woche. 



Hannovers Bäder: ausgetrocknet 

Das Durchschnittsalter der Bäder in Hannover liegt bei rund 40 Jahren. Was Modernisierung oder wenigstens Sanierung angeht, so haben die meisten Bäder eine lange Durststrecke hinter sich. Erschwerend kommt ein harter Sparkurs hinzu, den die Stadt – auch zu Lasten der Bäder – seit Jahren fährt. Unsere Bäder verbrauchen ihre Substanz.

Als bei den Bädern eigentlich schon „Land unter“ war, wurde noch immer nicht investiert. Stattdessen wurde beschlossen, erst mal ein Konzept zu entwickeln, wie es denn mit den Bädern weitergehen solle. Das war 2006. Die Investitionen wurden seitdem eingefroren, Zuwendungen teilweise sogar gekürzt.

Die lange Verzögerung hat die Situation der Bäder zusätzlich verschlechtert. Statt zu Handeln wurde dem Esel eine Möhre vor die Nase gehalten.

Endlich aufgetaucht: die Bäderanalyse

Die im Oktober 2013 doch noch vorgestellte Bäderanalyse überrascht darum nicht, wenn sie einen erheblichen Sanierungsstau „entdeckt“. Allerdings verspricht die Analyse einen harten Kampf um den Erhalt der Bäder- und Schwimmkultur in Hannover: Die Analyse spricht von einem Sanierungsstau von rund 47 Mio. €. Gleichzeitig bezeichnet das Papier das Bäderangebot der Stadt als überdurchschnittlich und ausreichend, die Besucherzahlen als rückläufig. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist daher mit den üblichen Schließungen und Entlassungen zu rechnen.

Gleich wieder abgetaucht: die Stadt aus der Verantwortung 

Aber auch jetzt werden die Ärmel noch nicht hochgekrempelt: Der vorgelegten Analyse soll noch ein Schlussteil folgen, in der die Bäderstandorte hinsichtlich ihrer Bedeutung für Hannover bewertet werden. Dabei soll auch ihr „gesellschaftlicher Wertbeitrag berücksichtigt“ werden. Dazu wird u. a. eine Umfrage durchgeführt. Und erst wenn auch dieser Teil ausgewertet vorliegt, wird die Stadtverwaltung mit der Entwicklung eines Konzeptes für die Bäder beginnen.

Fazit: Der Schwebezustand ist noch nicht beendet. Aber dem Esel wird die Möhre höher gehängt.

Höchste Zeit, die Bürger zu beteiligen 

  • Was die Politik jetzt prüfen muss:
    Stimmt die Bäderanalyse mit der Wirklichkeit der Schulen, Vereine und aller anderen Nutzer überein? Über die Behauptung, das Angebot an Schwimmzeiten sei ausreichend, reibt man sich allerorts verwundert die Augen.
  • Was die Politik bedenken muss:
    Der Zustand unserer Bäder ist das Ergebnis jahrzehntelangen Sparens. Die Verantwortung für den Sanierungsstau liegt bei den Sparkommissaren. 
  • Was die Politik nicht wundern darf:
    Natürlich bleiben gerade die vollzahlenden Badegäste weg, wenn die Bäder in keinem attraktiven Zustand sind. Jeder Unternehmer weiß, dass er nur mit überzeugenden Angeboten am Markt bestehen kann.
  • Was die Politik lernen muss:
    Ein wirtschaftlich vertretbares Ergebnis erreicht man nicht durch kürzen des Einsatzes. Besser und nachhaltiger ist es, die Auslastung der Bäder zu verbessern. Mit attraktiven Angeboten müssen mehr Kunden, mehr Bürger für die Bäder begeistert werden. Selbst für das Gute muss man ständig werben.
  • Was die Politik einkalkulieren muss:
    Der Vergleich, Hannover bietet pro Kopf relativ mehr Wasserfläche als andere Kommunen, führt in die Irre. Das ist kein Verdienst Hannovers. Die Ursache sind die noch dramatischeren Streichungen in anderen Städten. Wer sich auf diesen Vergleich einlässt, startet eine Abwärtsspirale. Hannover als Standort kann im Wettbewerb aber nur mit Attraktivität und guten Angeboten punkten.

Schwimmen ist mehr 

Ist die Sichtweise eines Betriebswirtschaftlers der Situation überhaupt angemessen? Welchen Wert hat ein Menschenleben? Nach einer Statistik der DLRG hat Niedersachsen die zweitmeisten Ertrinkungstode. Ein Kind kann noch lange nicht schwimmen, nur weil es mal ein „Seepferdchen“ gemacht hat. Zur wirklichen Schwimmfähigkeit gehört auch Routine. Um das Wasser zu lieben und zu kennen, muss man mit ihm vertraut sein.

Schwimmen ist auch aktive Gesundheitsvorsorge. Für jedes Alter und jedes Einkommen. Wir können nicht auf der einen Seite die zunehmende Bewegungsarmut gerade der Kinder und ihre dramatischen Folgen beklagen. Und auf der anderen Seite den Zugang zum gesunden Nass erschweren.

Schwimmen ist ein gesellschaftlicher Auftrag, denn es geht dabei auch um Bildung, Kultur und das Soziale.

Das Fössebad als Labor 

Das Fössebad ist wie ein Brennglas für die Probleme der Bäder in unserer Stadt. Darum soll auch gerade hier der Dialog mit den Bürgern beginnen: In der Reihe „Stadtteildialog Linden-Limmer“ laden die Grünen zu einer Diskussion über die Bäderanalyse und die Zukunft der Bäder in Hannover ein. Zwischen Publikum und Podium, Akteuren, Experten und Politik soll ein konstruktiver Dialog entstehen: Was sind die Bäder ihren Bürgern wert? Wo wollen wir morgen schwimmen? Was für ein Schwimmbad wollen wir erleben? Am Beispiel des Fössebades kann vor Ort die Lage der Bäder erlebt und diskutiert werden.

Die Diskussion findet am Mittwoch den 15. Januar 2014 um 19 Uhr im Fössebad, Liepmannstraße 7b, 30453 Hannover statt. Der Eintritt ist frei.

Meine erste, kritische Würdigung der Bäderanalyse habe ich hier veröffentlicht.


Der Sanierungsstau von rund 47 Mio. setzt sich zusammen aus €39,5 Mio. € lt. Gutachten zzgl. Sicherheitszuschlag von 15-20 % der Verwaltung lt. DS 2013-2152.
Die Statistik der DLRG über die Ertrinkungstode ist aus dem Jahr 2012, www.dlrg.de , die vermutlich aktuellste Statistik.

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