Donnerstag, 28. November 2013

Werden die Bezirksräte in Hannover noch ernst genommen?

Hannover hat 2013 Schluss gemacht
Screenshot hannover.de 27.11.13 ca. 23 Uhr
Ganz Hannover diskutiert über den Haushaltsplan 2014 der Stadt, der am 21. November in den Rat eingebracht wurde. Ganz Hannover? Nein, die Bezirksräte (noch) nicht, denn der Haushalt liegt ihnen (noch) nicht vor.

In der "guten alten Zeit" leisteten die Boten des Rathauses im Herbst Schwerstarbeit, wenn sie dicke Pakete mit Aktenordnern an die Ratsherren und -frauen sowie die Bezirksräte verteilten: die Haushaltspläne für das nächste Jahr. Einige Hundert Seiten, die es dann durchzuarbeiten galt.

Irgendwann hielt aber auch in unserer Landeshauptstadt modernere Technik Einzug: Den Haushalt gab es nun als Pdf auf CD-ROM und nur noch auf Anforderung gedruckt im Aktenordner. Inzwischen bekommt man als Mitglied eines Bezirksrates nur noch eine lapidare Mitteilung, man solle sich den Haushaltsentwurf irgendwo runterladen. Selbst die CD mit den Daten gibt es nur noch auf ausdrückliche Einzelanforderung.




Pannen in der digitale Steinzeit 

Ja wenn es denn funktionieren würde. In diesem Jahr erreichte mich knapp eine Woche nach der Einbringung des Entwurfes in den Rat eine schmallippige Mail:
Sehr geehrte Damen und Herren des Bezirksrats Linden-Limmer,
anliegendes Informationsschreiben zum Haushaltsplan Ihnen zur Kenntnis.
Mit freundlichen Grüßen
Suchspiel zum Haushaltsplan
Die eigentliche Information nicht gleich in die Mail zu schreiben sondern stattdessen in einer separaten Datei anzuhängen, hat sich als Relikt aus der Endzeit der Generation Papyrus in die Neuzeit hinüber retten können. Durch Mailanhänge konnte man früher ganze Kontinente bequem mit Computer-Viren verseuchen. Dafür enthält dieser anonyme Anhang (Briefkopf? Fehlanzeige!) keinen klickbaren Link, die Adresse stimmt nicht und vor allem: Der Haushaltsentwurf ist zumindest bis kurz vor Anbruch des 28.11.13 noch immer nicht in das Onlineportal der Stadt Hannover eingestellt (s. o.).

Gelten für Bezirksräte strengere Regeln? 

Warum ich mich aufrege? Sie finden die Kritik lächerlich? Ich rege mich auf, weil hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Weil die Bezirksräte von der Verwaltung schlicht nicht ernst genommen werden. Denn auf der anderen Seite sind wir Bezirksräte einem strengen formalen Regime unterworfen. Da gibt es dann schon mal Rückfragen, wenn Sie als einfaches Mitglied des Bezirksrates eine Anfrage mit "Wir fragen die Verwaltung…" formulieren. "Wir" dürfen nur der oder die Fraktionsvorsitzende (oder ihre Stellvertreter) benutzen, wenn und weil sie im Namen der Fraktion fragen. Ein einfaches Mitglied darf nur in der Ich-Form fragen. Beachtet man diese Feinheit nicht, kommt der formale Ausschluss-Hammer für die Anfrage bedrohlich nahe.

Ja, dies ist nur eine Randnotiz und eigentlich nicht der Rede wert. Aber es wirft gerade auch im Kleinen ein Schlaglicht auf den Umgang mit den Bezirksräten.

Beschlüsse des Bezirksrates: ungelesen in den Papierkorb? 

Wenn Sie etwas Handfesteres suchen: Lesen Sie bitte die Drucksache 0331/2012. Dort empfiehlt die Verwaltung den Ratsmitgliedern, die Arbeit der Bezirksräte (117 Anträge und Empfehlungen) zum Haushalt 2012 "…als abgeschlossen zu betrachten und diese nicht zu berücksichtigen…". Deutlicher geht es nicht.

Was meinen Sie: Sollten wir nicht mehr Demokratie wagen, mehr Bürgerbeteiligung einfordern? Oder wenigstens die Bezirksräte etwas ernster nehmen?

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